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Astrid Rössler - Für eine bessere Zukunft braucht es Grüne Politik mehr denn je
Mehr denn je wächst die Notwendigkeit, gemeinsam nach sozial- und umweltverträglicheren Lebens- und Wirtschaftsformen zu suchen und mehr Raum für Alternativen und stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt zu ermöglichen. Für eine These, die Grünen Kernthemen wären von anderen Parteien übernommen worden, gibt es nicht die geringsten Anzeichen. Umwelt- und Nachhaltigkeitsschwerpunkte sind in anderen Parteien weder vorhanden noch gewollt. Ganz im Gegenteil machen aktuelle Initiativen der Bundesregierung sogar vor einer Demontage des verfassungsrechtlich verankerten Staatsziels Umweltschutz nicht halt und stellen damit verbindliche Klimaschutzziele in Frage. Für eine bessere Zukunft braucht es Grüne Politik mehr denn je.
Am Mut, notwendige Reformen anzusprechen, hat es den Grünen ohnehin nie gefehlt. Dennoch waren viele Schritte notwendig, um von der anfänglichen Protestbewegung zu einer wählbaren Partei zu werden, die im Nationalrat, in allen Landtagen und aktuell in sechs Regierungsteams vertreten ist.
Der Weg dorthin war steinig, weil wir weder auf große Netzwerke noch starke Vorfeldorganisationen oder finanzielle Mittel bauen konnten. Grün-engagierte Menschen und MandatarInnen waren und sind auch heute noch vielfach als EinzelkämpferInnen tätig, in ihrem Arbeitsumfeld, in sozialen Organisationen, Landtagen, Gemeinden und Vereinen. Umso beachtenswerter, dass es gerade unter diesen Rahmenbedingungen gelungen ist, die anfängliche Öko- und Friedensbewegung zu einer politischen Organisation mit professionellen Standards und Strukturen weiter zu entwickeln und ihre politischen Inhalte auf alle gesellschaftlichen Fragen auszuweiten. Die ursprünglichen Kernthemen blieben als Leitmotiv erhalten, in keiner anderen Partei sind Nachhaltige Entwicklung und "Das gute Leben für alle" so stark verankert.
In dieser Entwicklung kommt den oberösterreichischen Grünen mit Rudi Anschober an der Spitze eine besondere Pionierleistung zu. Ihm ist es als erstem Grünen Umwelt- und Energielandesrat in Österreich gelungen, dieses neue Bild Grüner Politik mit Umsetzungskraft zu zeichnen. Er steht für die erfolgreiche Verknüpfung von Umweltschutz mit Wirtschaft, von Energiewende mit technischer Innovation. Das "Wirtschaftsland Oberösterreich" wurde durch seine beharrlich Grüne Energiepolitik zur Vorzeigeregion für Erneuerbare Energie und "Klimaschutz als Jobmotor".
Welchen Platz wollen die GRÜNEN in Gesellschaft und Politik künftig einnehmen, wie wollen wir wahrgenommen werden? Im wesentlichen sind es vier Bereiche, in denen wir unsere Präsenz und Expertise stärken sollten.
- Grüne Kernthemen in Ressortverantwortung bringen: Als Regierungspartner konnten wir in den vergangenen vier Jahren in Salzburg maßgebliche Kernthemen gestalten und voranbringen. Sozialbudgets und Mindestsicherung wurden nicht gekürzt, präventive Jugendarbeit und Familienunterstützung ausgebaut, 1300 Kinderbetreuungsplätze zusätzlich geschaffen. Ein Mietensenkungsprogramm im sozialen Wohnbau hilft die hohen Wohnungskosten abzufedern. Der Masterplan Klima & Energie 2050 wurde beschlossen, mit Zusatzförderungen für Wirtschaft und Elektromobilität.
- Unbequemen Wahrheiten nicht aus dem Weg gehen: Umwelt- und Klimaschutz sind keine Wohlfühlthemen, weil sie auch Verhaltensänderungen fordern und liebgewonnene Gewohnheiten in Frage stellen. Wir nehmen überhöhte Luftschadstoffe ernst und haben zum Schutz der Gesundheit ein Tempolimit verordnet. Das löst zunächst einmal einen beachtlichen Shitstorm aus. Auf der anderen Seite bleibt trotz hitziger Debatten nicht unbemerkt, wer sich in diesem Land für den Umweltschutz wirklich einsetzt.
Wir dämmen den maßlosen Bodenverbrauch durch Beschränkungen für Einkaufszentren und Baulandhortung ein. Damit machen wir uns bei Konzernen und Immobilienentwicklern nicht beliebt. Doch wird in der Öffentlichkeit auch anerkannt, dass wir den Bodenschutz ernst nehmen und uns dafür auch mit mächtigen Playern anlegen. Ortskernstärkung ist flächensparend und unterstützt Handel und Gewerbe in zentralen Lagen. - Wir stehen für einen neuen Stil konstruktiver Politik: Gute Zusammenarbeit in einer Regierungskoalition bedeutet, unterschiedliche Zugänge gemeinsam zu bewerten und Lösungen auf Basis von Fakten und nach sorgfältigem Abwägen zu entwickeln. Das fordert von allen Beteiligten Verständnis und respektvollen Umgang, vor allem aber Disziplin, die üblichen Meinungsverschiedenheiten während laufender Verhandlungen nicht medial auszutragen. Der Vorteil liegt auf der Hand, in guter Zusammenarbeit wächst ein Teamgeist, der die Lösungskompetenz insgesamt erhöht. Der Nachteil zeigt sich in der Medienarbeit, weil Erfolgsmeldungen weit weniger schlagzeilentauglich sind.
- Zukunftsthemen erspüren und aufgreifen: Die vielen ökologischen und gesellschaftlichen Krisen führen uns vor, wie notwendig es ist, soziale Gerechtigkeit mit einem ökologisch verträglichen Lebensstil zu verbinden. Alternative Wirtschaftsformen erproben, gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, kurz: Dafür zu kämpfen, dass Nachhaltigkeit eines Tages einmal in seiner ganzen Bandbreite und Fülle in unserem Alltag angekommen ist, für dieses Ziel braucht es mehr denn je die Grünen.
Astrid Rössler ist grüne Landeshauptmann-Stellvertreterin in Salzburg.